JORIS live im Lido, indieberlin war dabei

by | indieBerlin

Es gibt wohl wenige Genres , die in der letzten Zeit derartig viele Künstler hervorgebracht haben, wie deutschsprachiger Songwriter-Pop. Die schiere Menge an Output lässt einen manchmal vergessen, was für unterschiedliche Künstler es dabei gibt. Und Joris gehört auf jeden Fall zu den ungewöhnlicheren.

Einen dichten, vielschichtigen Sound

Der Multi-Instrumentalist und seine Band brachten am Dienstag im Lido einen dichten, vielschichtigen Sound auf die Bühne, der von der Atmosphäre her an Coldplay oder U2, in seinen verhallten und rauen Momenten aber auch an Bands wie Wu-Lyf erinnerte. Dabei war die Show sehr vielseitig, Power-Pop wechselte sich mit Piano-Balladen ab und zwischendurch kamen Joris und die Band zu einer akustischen Lagerfeuer-Nummer in der Mitte der Bühne zusammen.

Sound und Lightshow passten gut zusammen und sorgten für eine intime, irgendwie konzentrierte und aufmerksame Atmosphäre. Dem Publikum war anzumerken, wie sehr es auf das Konzert gewartet hatte – und warum die Show ins größere Lido hatte verlegt werden müssen – aber trotz der deutlich zu spürenden Begeisterung, war es bei ruhigeren, textlastigeren Nummern wie „Im Schneckenhaus“ passenderweise still. So still, dass Joris‘ Stimme selbst weiter hinten verständlich war, obwohl er den ersten Teil des Songs ohne Mikrofon sang.

Vor allem konnte man ihnen ansehen, wieviel Spaß sie an der Show hatten

Die rauchige, kratzige Stimme des Sängers trug einen großen Teil zur Komplexität des Sounds bei: Ihre Bandbreite reichte von springsteeneskem Rock bis hin zu Falsett und variierte nicht nur von Song zu Song, sondern oft auch innerhalb eines Stückes. Dazu kam die Band, die extrem gut harmonierte: Man merkte es den Musikern an, wie eingespielt sie waren und wie intensiv sie zusammen an den Songs gearbeitet hatten. Vor allem konnte man ihnen ansehen, wieviel Spaß sie an der Show hatten. Immer wieder ging Joris, der seinen Platz in der Mitte der Bühne hatte, zu seinen Bandkollegen und spielte direkt neben ihnen oder flachste zwischen den Songs mit ihnen.

Joris, das klingt immer wieder durch, legt großen Wert darauf, mit seiner Musik ehrlich zu wirken

Überhaupt ist der Sänger, dessen Musik und Habitus zwar nicht schüchtern, aber sehr reflektiert und auch etwas introvertiert wirken, jemand, der mühelos eine Verbindung zwischen sich, seiner Band und dem Publikum herstellen kann. Die Stories, die er zwischen den Songs erzählte – zum Teil witzig, zum Teil sehr ernst – wirkten natürlich und nicht aufgesetzt oder einstudiert. Absurde Erlebnisse aus dem Tourleben der Band brachte er genauso überzeugend rüber wie die ernsten Hintergründe mancher Songs. Und selbst in der Königsdisziplin der Interaktion mit dem Publikum – Spielchen und Mitsingen – schaffte er es, was man selten genug sieht, das Ganze völlig ungezwungen und nicht peinlich durchzuziehen.

Joris, das klingt immer wieder durch, legt großen Wert darauf, mit seiner Musik ehrlich zu wirken, seine Persönlichkeit und die Botschaften seiner Songs ohne Verstellung zu transportieren. „Authentisch“ ist ein Attribut, das momentan, gerade im Deutsch-Pop, inflationär verwendet wird. Joris‘ Konzert im Lido aber kann man nicht treffender als mit diesem Wort bezeichnen.

Bericht von Malte Grotendorst.

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