Editors live in Berlin – eine indieberlin Konzert-Kritik

von | Musik-Reviews

Die Editors sind in einem Atemzug mit Interpol zu nennen, wenn es um dasย Weitererzรคhlen vom New Wave und Post-Punk der 80er Jahre geht.

2002 inย England gegrรผndet, gelingt es mit ihren nach vorne treibendenย Indie-Grooves sowie synth-lastigen New Wave Stรผcken nicht nur jungesย Publikum zu begeistern, sondern auch eine komplette Generation vonย damals abzuholen.

Stรคrkstes Charakteristikum ist wie schon bei Interpols Frontmann Paulย Banks die dรผstere Baritonstimme vom Editors Frontmann Tom Smith, dieย natรผrlich an den leider viel zu frรผh verstorbenen Joy Division Sรคngerย Ian Curtis erinnert. Seit 2005 haben die Editors fรผnf Albenย herausgebracht und insbesondere auf dem 2009 erschienenen Album „In Thisย Light and on This Evening“ und ihrem im letzten Jahr neu erschienenenย Album „In Dream“ den Sound noch krรคftiger mit Synthesizern bestรผckt undย die treibenden Indie-Grooves zurรผckgefahren.

„Industrielle Bรผhnen- und Pyrotechnik“

Die Bรผhnentechnik prรคsentiert sich spartanisch und industriell.ย GรถรŸtenteils grau in grau gekleidet findet sich die Band vor einerย langsam rotierenden, รผbergroรŸen Lรผftungsanlage wieder. Wie auf ihremย neuen Album spielen die Editors als Erรถffnungstitel das sphรคrischย elegische „No Harm“, bevor das herrlich von der Bassgitarre getriebeneย „Sugar“ den Lautstรคrkepegel fรผr die kommenden knappen zwei Stunden nachย oben hin auslotet. Frontmann Tom Smith, der die Bรผhne in U2-Bono-Manierย mit Sonnenbrille betreten hatte, lupft diese in die Ferne blickend undย „You’re the Light from Another World“ singend das erstemal.

Imย fernรถstlich angehauchten Gitarrensolo faucht die Industriebรผhneย Feuersรคulen vor der Band in die Hรถhe und bringt die Haut selbst inย grรถรŸerer Entfernung wie in der Wรผste zum Glรผhen.

Tom Smith bringt fรผrย alle gut hรถrbar den Beweis, dass er mit seiner Stimme hรถher hinaus willย als die schon angesprochenen Ian Curtis und Paul Banks, indem er imย Stรผck „Life is a Fear“ seine Stimme ohne Probleme ins Falsett hebt. Editors bieten mit ihrem Repertoire reichlich Abwechslung und sind trotzdemย dabei immer stilsicher.

„Viel Abwechslung zwischen New Wave und Indie-Rock“

Mit dem 2007er „An End Has a Start“ drรผcken die Editors dann das ersteย mal auf das Gaspedal und liefern eine der noch vielen folgenden nachย vorne drรผckenden Indienummern. Diese hatten gerade das 2005 erschieneneย Debรผtalbum „The Back Room“ deutlich geprรคgt. Um das mit Akustikgitarreย solo vorgetragene „The Weight of the World“ finden sich neben denย treibenden Indie-Songs aber auch synth-lastige Mid-Tempo Stรผcke. Vonย diesen brillieren das bis dato noch nicht erschienene „The Pulse“ oderย das Art-Pop lastige „Eat Raw Meat = Blood Drool“ am meisten. Als letztenย Song liefern die Editors dann noch mit „A Ton of Love“ ein kraftvollesย Stรผck Rock und begeistern das Publikum, das in der Folge noch zweiย Zugaben erwarten kann.

„Nahbar und sympathisch“

Musikalisch haben sich die Editors ihren eigenen Raum erkรคmpft undย bieten mit ihrem Repertoire reichlich Abwechslung und sind trotzdemย dabei immer stilsicher. Gerade das neue Album „In Dreams“ liefertย starkes und erwachsenes Material, dass die Editors weit von ihrenย Wurzeln nach oben trรคgt und stimmlich und musikalisch nach neuen Ufernย strebt. So dienen gezeichnete Parallelen zu Joy Division nicht mehr zumย Beschreiben des Status quo, sondern nur zum Nachvollziehen eben dieserย Wurzeln. Auch live machen die Editors als Band einen sehr frischen undย aufgeweckten Eindruck – nicht zuletzt durch ihren sehr emotionalย auftretenden Frontmann Tom Smith. Die Sonnenbrille kam รผbrigens schonย nach dem zweiten Song runter. Und somit hinterlassen die Editors auchย einen nahbaren und durchaus sympathischen Eindruck.

Konzert-Kritikย von Christoph Grzeschik

Fotos von Caterina Gili

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