Apocalyptica live im Tempodrom

von | Allgemein

Dieses Bild ist nicht unscharf โ€“ Das ist einer von diesen Hipster-Effekt-Filtern! Oder ich saรŸ zu weit weg. Wer weiรŸ.

Vergangene Woche haben sich die vier Reiter der Apocalypse mal wieder die Ehre gegeben und Berlin besucht. Im Rahmen ihrer Jubilรคumstour „Apocalyptica plays Metallice by four cellos“ haben die Finnen den 20. Geburtstag ihres ersten Albums mit demselben Titel gefeiert und zunรคchst mal das gesamte Album durchgespielt. In der Zwischenzeit ist die Band allerdings um einen Schlagzeuger und einen Sรคnger gewachsen, dafรผr aber um ein Cello รคrmer geworden, also haben sie fรผr diese Tour ihren ehemaligen Mitstreiter Antero aus der Versenkung geholt. Wiedersehen macht Freude, und damit waren die vier Celli aus dem Albumtitel wieder komplett. Die erste Hรคlfte des Abends also eine Reise in die Vergangenheit, trรคumerisch, zurรผckgenommen, aber virtuos und harmonisch wie eh und je.

Licht und Schatten

Das Licht betont jeden Einzelnen, badet ihn in Blutrot, Meeresblau, oder klarem WeiรŸ. Hinter den Musikern stehen vier rechteckige dunkle Leinwรคnde, gegen die sich ihre Schatten je nach Lichteinfall riesig abzeichnen โ€“ was fรผr Fans ganz klar das Video ihres groรŸen Hits Path vom 2000er Album Cult in Erinnerung ruft, in dem die vier Finnen dank cleverer Kamerafรผhrung gegen ihre eigenen Schatten zu spielen scheinen. (Hier anzuschauen, denn das ist immer noch schick und das Stรผck auรŸerdem saugut!)

Welcome to our rock show!

Nach einer kurzen Umbaupause hat sich dann der Schlagzeuger mit seinem Instrument dazugesellt (schรถnes Ding รผbrigens, extra fรผr diese Tour mit ein bisschen mehr Glanz und Firlefanz als sonst) und Perttu hat das Publikum zum zweiten Teil des Abends mit folgenden Worten begrรผรŸt: „Welcome to our rock show!“ Immer mehr Leute standen auf, gingen mit, bevรถlkerten den Platz direkt vor der Bรผhne, eben wie bei einem „richtigen“ Konzert. Denn eins muss man sagen: Auch wenn diese Musiker ihre Wurzeln in der Klassik, zumindest der klassischen Ausbildung haben, es ist doch ein fast merkwรผrdige, auf jeden Fall ganz andere Erfahrung, sie sich im Sitzen anzuhรถren und zu schauen. Nicht schlechter, wohl aber fuรŸschonender und entspannter. Dafรผr muss man Abstriche im Gefรผhlshaushalt machen. Man konzentriert sich mehr auf Details, auch auf den Flow, folgt den Melodien, der Umsetzung, achtet auf Lichtdesign und Bรผhnenaufbau, betrachtet das Funkeln auf den Kanten der vier virtuos gespielten Celli, registriert die unterschiedlichen Farbtรถne der Instrumente, von beinahe sattem, glรคnzendem Rotholz bis hin zu einem matten, warmen, abgewetzt erscheinenden Braun.

Zeit fรผr Gedankenspiele

Man fรคngt an, sich absurde Gedanken zu machen, einfach weil diese Art von Zuschauen das mรถglich macht. Wenn diese Jungs Avengers wรคren … Antero erinnert mich an den Hawkeye aus dem Marvel Cinematic Universe. Reserviert, beinahe unscheinbar, und man merkt erst, was fรผr eine wichtige Rolle er spielt, wenn es drauf ankommt. Wer sind dann die anderen? Perttu ist Loki, vollkommen klar. Das Grinsen, die Energie, der lauernde kreative Wahnsinn. Dann ist Eicca wohl Thor, weil … Naja, die Haare! Und Paavo ist Bruce Banner, der an diesem Abend zwar nicht zum Hulk wird, aber wir wissen doch alle, er hat das Potential. Jeder, der ihn bei Master of Puppets schonmal „Obey your Master“ brรผllen hรถren hat, weiรŸ das. Aber genug der Albernheiten.

„Take care of yourselves, take care of each other“

Der zweite Teil bleibt zwar ebenfalls beim Motto des Abends, „Apocalyptica plays Metallica by four cellos“ (plus Schlagzeug), bietet aber ein Potpourri weiterer Metallica-Songs, die auf spรคteren Alben der Band auftauchten oder auch nur live in freier Wildbahn. Mit besonderer Power und Spielfreude: Seek and Destroy. Zum Schluss gibt es als Zugabe noch das wunderbare One, ein schรถnes, getragenes Stรผck, dessen Lyrics im Orginal vom Krieg handeln, vom kriegsversehrten Invaliden auf der Krankenstation, oder auch von Depressionen, vom Nicht-mehr-Leben-wollen, wer weiรŸ. Und Eicca gibt dazu die schรถne Parole aus, dass wir auf uns selbst und auf einander aufpassen sollen โ€“ uns selbst und einander lieben sollen. Das kann man doch mal unterschreiben, speziell in diesen wahnsinnigen Zeiten!

Hear the latest Moa McKay Single Heartbreak Billie