Review: Nothing2 von Strange Souvenirs: rollende orchestrale Crescendos und ein blutbespritzter, betrunkener Chor

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Die in Berlin/Hamburg lebenden Brüder Thomas und Matthias Juhnke a.k.a. Strange Souvenirs treten mit ihrer neuesten Single ‚Nothing2‘ wieder aus dem Schatten der Famous Gold Watch Studios.

Nachdem ich den Song beim ersten Hören etwa 6 Mal hintereinander wiederholt hatte, stieg ein seltsam vertrautes, körperloses Gemurmel in der Peripherie meines Gedächtnisses auf und ich erkannte, während ich laut vor mich hin lachte, dass es kein anderer als ein gewisser Joker war, der mich daran erinnerte: „I Believe Whatever Doesn’t Kill You, Simply Makes You STRANGER.

Der Track verkörpert anmutigen psychedelischen, paranoiden ‚Brit-POP‘, der chirurgisch mit Mellotron, Orgeln, Pianos, Drums und cineastischen elektrischen Bauchschlägen maskiert ist, die mit kantigen Streicherarrangements und Cliffhanger-‚komfortablen Stille‘ zwischen rollenden orchestralen Crescendos und einem blutbespritzten, betrunkenen Chor in die Erzählung eingesponnen werden.

Ja, in der Tat habe ich dieses Lied mitten in der Nacht kettengeraucht und mich gefragt, wann es wieder sicher ist, an die Tür zu gehen, oder ans Telefon, oder zu diesem gewissen Jemand oder gar nichts zu machen. Nothing2 enthält in seinen dramatischen 5 Minuten Laufzeit den bittersüßen Geschmack des Paradoxen. Der Track verkörpert anmutigen psychedelischen, paranoiden ‚Brit-POP‘, der chirurgisch mit Mellotron, Orgeln, Pianos, Drums und cineastischen elektrischen Bauchschlägen maskiert ist, die mit kantigen Streicherarrangements und Cliffhanger-‚komfortablen Stille‘ zwischen rollenden orchestralen Crescendos und einem blutbespritzten, betrunkenen Chor in die Erzählung eingesponnen werden.

Dieses Ensemble scheint ein schwarzes Loch zu feiern, das sich endlich selbst verschlungen hat, und ich fühle mich aus irgendeinem Grund zum Mitjubeln angefeuert.

Der Song begann, wie einer Tage die dem vorherigen gleichen, mit einer einsam klimpernden Akustikgitarre und beschloss dann plötzlich, mit dem Zirkus davonzulaufen (oder war das von Anfang an geplant?), wer weiß das schon, er scheint ein schwarzes Loch zu feiern, das sich endlich selbst verschlungen hat, und aus irgendeinem Grund fühle ich mich angestachelt, mitzufeiern.

Der Sänger klingt ein wenig verstört, als wäre er aus der Umlaufbahn geschleudert worden und mit dem Kopf voran cartoonartig in Richtung interstellarer Raum geschleudert worden, aber unter dem leicht nihilistischen Unterton klingt er ziemlich glücklich darüber, „frei“ zu sein? Es ist schwer, irgendeine Art von ‚radioaktiver‘ passiver Aggression zu lokalisieren, die in die Atmosphäre des Tracks sickert, wenn er singt ‚this is what it all amounts to, when the day/night is through, absolutely nothing‘. Aus der Vorhölle schwebt er auf das große Auge am Himmel zu und reflektiert, dass manche Verstrickungen einen sauberen Bruch brauchen, so sauber wie den Schnitt eines Rasiermessers.

Manche Verstrickungen brauchen einen sauberen Schnitt, so sauber wie den eines Rasiermessers.

Diese neueste Kreation von Strange Souvenirs scheint musikalisch Lichtjahre von ihren letzten Werken entfernt zu sein, hat aber immer noch die raffinierte und kraftvolle Mix-/Master-Sensibilität, die ihre letzten Produktionen so interessant und inspirierend zum Anhören machte. Man merkt, dass sie viel Mühe in das Mischen und Arrangieren dieses Songs gesteckt haben, es muss methodisch gewesen sein, und gleichzeitig klingen sie stark und selbstbewusst, denn ihre Performance ist absolut umwerfend, sie klingt magisch natürlich und intensiv und es ist erfrischend zu hören, wie die Einzelteile zerfallen und sich rückläufig dort überschneiden, wo sie es tun.

Nothing2 fühlt sich mehr nach Olivia Tremor Control/Elephant 6 Recordings an als nach den Beatles oder Brian Jonestown Massacre und es ist ermutigend, in diesen seltsamen Zeiten ein solches Meisterwerk aus Berlin zu hören.

Strange Souvenirs Bandcamp

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