M83 „Junk“ Rezension: Nostalgie und unendliche Weiten

von | indieBerlin

Die Elektro-Klangästheten von M83 melden sich mit ihrem neuen Album „Junk“ zurück und betreten neue Wege.

Das gewollt trashige Cover (das aussieht wie zwei Muppet-Figuren vor einem Windows 98-Weltraum-Bildschirmschoner- Hintergrund mit Schriftzug aus dem Paint-Programm) verbreitet ein Gefühl von augenzwinkernder Nostalgie und deutet bereits an, dass es auf diesem Langspieler leichter, gelöster zugeht als auf den Vorgängern. Und – natürlich – dass es spacig wird.
Synthetischer Elektro-Soul
„Do It, Try It“ proklamiert der Opener und holt die Fans erst mal dort ab, wo sie seit der letzten Veröffentlichung standen und auf mehr warteten. Die clubtaugliche erste Single kommt mit treibender Bassline und vertraut wirkendem Refrain daher. Eine Synthesizer-Stimme kommt irgendwo über den Äther.

Ein guter Popsong. Im ausgefeilteren „Go!“ reißt Saitenhexer Steve Vai ein spaciges Gitarrensolo runter. Dass die im Studio eingespielte Tonspur trotzdem ein wenig wie ein altes Sample aus der Konserve wirkt, wie rausgesucht und über das fertige Lied geschüttet, ist sicherlich beabsichtigt und Teil der Sound-Ästhetik.

Im Weiteren hört man vor allem Soul-Samples und Keyboardklänge wie aus Weltraumopern, ins wahrlich Stilgrenzen verwischende „Walkway Blues“ schleichen sich auch Reggea-Effekte hinein und wirken dort ganz natürlich, die Arrangements sind äußerst gelungen.

David Bowie beschrieb seinen Ausflug in die Soul-Welt des schwarzen Amerikas, den er 1975 mit Young Americans unternahm, selbstironisch als „Plastic Soul“. Was M83 hier kreiren, könnte man dann vielleicht als „Synthetic Electro Soul“ beschreiben.
Soundtrack eines Lebens
Auf der zweiten Hälfte des Albums kehren dann aber doch die elektronischen Klänge wieder mehr in den Vordergrund und die für die Band typische verträumte Melancholie, bis hierhin immer präsent aber nicht dominant, erobert sich ihren zentralen Platz zurück. Mastermind Anthony Gonzales lässt daneben aber auch deutlich seine Vorliebe für die Filmmusik der 70er und 80er Jahre einfließen. Das Instrumental „Moon Crystal“ ist ein Beispiel dafür. Vor allem aber „Atlantique Sud“, auf dem es ebenso wie auf anderen Stücken weibliche Gesangsunterstützung gibt, klingt wie ein schmachtendes 80er Jahre Duo in zeitgemäßem Gewand und kratzt bewusst an der Grenze zum Kitsch.
With a little help from my friends
M83 haben sich auf diesem Album noch mehr ausprobiert, als man es schon von ihnen gewohnt war, haben ganz persönliche Vorlieben verarbeitet und sich einige Gäste mit ins Boot geholt: neben dem anfangs genannten Steve Vai und den beiden Sängerinnen Susanne Sandfør und Mai Lan hat auch ein gewisser Beck seine Finger im Spiel gehabt und an den Texten mitgeschrieben. Die Synthese aus verschiedenen Stilen und Einflüssen ist durchaus geglückt und macht „Junk“ zu einer abwechslungsreichen Reise durch einen Teil der jüngeren Musikgeschichte.
Hört und seht selbst: Do It, Try It Video von M 83

M83 „Junk“
V.Ö. 08.04.2016
Label: Naive
Vertrieb: Indigo/The Orchard

Artikel: Bastian Geiken | Foto: Andrew Arthur

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